Konversionsversuche

Konversionbehandlungen

Übersichtsartikel

Autor*in: Dr. phil. Gisela Wolf

Zusammenfassung

Konversions- oder „reparative Therapien“ umfassen alle Versuche durch selbsterklärte oder zertifizierte TherapeutInnen, SeelsorgerInnen, HeilerInnen, SozialarbeiterInnen, „Ex-Homosexuelle“, religiöse Laien und andere, die Homosexualität von KlientInnen in asexuelles oder heterosexuelles Verhalten umzuwandeln. Die Verwendung des Begriffs „Therapie“ für ein solches Unterfangen ist missverständlich, da es sich zum einen bei den verwendeten Methoden nicht um wissenschaftlich anerkannte Verfahren zur Linderung oder Heilung eines Leidens handelt und da zum anderen Homosexualität keine Erkrankung mehr darstellt. Konversions-„Therapien” haben bislang keine positiven gesundheitsförderlichen Effekte für die davon betroffenen Menschen nachweisen können. Hingegen sind als Behandlungsfolgen bei den Betroffenen solcher Umpolungsversuche Ängste, depressive Symptome und Suizidalität bis hin zu vollendetem Suizid aufgetreten (Wagner & Rossel, 2006). Im Interesse einer Nichtschadensethik dürften solche „Therapien“ nicht angewandt werden. Sie florieren aber deshalb, weil sie innerhalb der derzeitigen Machtverhältnisse einen „Sinn“ haben: Sie verfolgen die Ziele, die gesellschaftliche Stigmatisierung von Homosexualität zu erhalten und traditionelle Geschlechterrollen zu stärken (Haldemann, 1994; Wagner & Rossel, 2006). Statt Konversionsversuche zu unternehmen, sind fachlich fundierte Angebote für Klient_innen bereitszustellen, die Konversionsbehandlungen nachfragen.

Update: Spitzer distanziert sich

Wer es für möglich hält, Homosexualität "weg zu therapieren" beruft sich häufig auf eine 2001 veröffentlichte Studie von Dr. Robert Spitzer. Die Studie wurde wissenschaftlich stark kritisiert (vgl. dazu den Übersichtsartikel von Gisela Wolf): Sie taugt nicht als Nachweis für die Wirksamkeit der sog. "Therapien" und ignoriert schädliche Wirkungen, die damit verbunden sind. Der Autor der Studie hat dies nun selbst in einem Interview klargestellt.

Stellungnahmen von Fachverbänden

Stellungnahme des VLSP* (2019)

Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat im August 2018 in seiner „Sprechstunde“ auf Facebook online dazu aufgerufen, Vorschläge zur Umsetzung eines Verbotes von Konversionsbehandlungen lesbischer und schwuler Menschen zu machen. Im VLSP*-Vorstand haben wir diese Anregung gerne aufgegriffen und eine Stellungnahme mit Vorschlägen verfasst.

Entschließung des Deutschen Ärztetages (2014) 

Der 2014 tagende 117. Deutsche Ärztetag verabschiedete eine Entschließung zum Thema "Konversions-" bzw. "reparative" Verfahren bei Homosexualität (Drucksache VII - 11). Der Ärztetag verurteilt darin jegliche Stigmatisierung, Pathologisierung oder Benachteiligung von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und fordert alle Ärzt*innen auf, körperliche und psychische Erkrankungen unabhängig von der sexuellen Orientierung zu klassifizieren und zu therapieren.

Stellungnahme des VLSP* zu Gesetzentwurf der GRÜNEN (2013)

Am 25. April 2013 haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entwurf eines Gesetzes zur Ahndung von Therapien mit dem Ziel der Änderung der sexuellen Orientierung bei Minderjährigen in die Ausschüsse des Bundestages eingebracht. Der VLSP nimmt bezüglich Behandlungen, in welchen eine Veränderung der sexuellen Orientierung Inhalt sein soll, eine sehr differenzierte Haltung ein, die einerseits streng an der wissenschaftlichen Redlichkeit und Evidenz sowie andererseits auch klar an den individuellen Freiheitsrechten (wozu auch das sexuelle Selbstbestimmungsrecht gehört) und den ethischen Grundlagen der psychologischen Profession ausgerichtet ist. Der Vorstand des VLSP hat deshalb eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erarbeitet.

Stellungnahme der DGPPN (2013)

Das Referat „Sexuelle Orientierung in Psychiatrie und Psychotherapie“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat im Juli 2013 eine Stellungnahme zu Konversionstherapien bzw. "reparativen" Verfahren bei Homosexualität veröffentlicht. Mit der Einrichtung des Referates und der Stellungnahme verfolgt die DGPPN das Ziel, vorherrschende Fehlinformationen zu homosexueller und bisexueller Orientierung im psychiatrischen und psychotherapeutischen Kontext richtigzustellen.

Resolution des Weltärztebundes und Stellungnahme des VLSP* dazu (2013)

Der Weltärztebund hat auf seiner 64sten Generalversammlung in Fortaleza in Brasilien eine eindeutige Resolution verabschiedet: Alle Ärztinnen und Ärzte werden aufgefordert, alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung entsprechend ihrer Symptome und nach internationalen Standards zu behandeln.

Der VLSP-Vorstand begrüßt ausdrücklich eine Ächtung von Therapien, in welchen die Änderung der sexuellen Orientierung eines Menschen forciert werden soll. Trotzdem ist es, aus Sicht des VLSP-Vorstandes, angezeigt, eine der Forderungen des Weltärztebundes kritisch zu überdenken. Deshalb haben wir eine Stellungnahme zur Resolution des Weltärztebundes erstellt.

Stellungnahme des BVDP (2009)

Der Berufsverband Deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (BVDP). (April, 2009). Stellungnahme des Berufsverbandes Deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie zur öffentlichen Diskussion um „Konversionstherapien“ oder „reparative Therapien“ bei Homosexualität. Verfügbar hier.

Letzte Aktualisierung: 04.08.2020

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